Nachhaltigkeit im Wertstoffkreislauf Papier steigern und dem Fachkräftemangel entgegentreten: Im BMWK-Verbundprojekt »KIBAPap« entwickelt das Fraunhofer IVV gemeinsam mit Projektpartnern ein selbstlernendes Assistenzsystem für Maschinenbedienende, das einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung des Ressourcenbedarfs im hochkomplexen Prozess der Papierherstellung aus Altpapier leistet. Darüber hinaus ermöglicht es eine nachhaltige Sicherung des Erfahrungswissens im Unternehmen und bietet so eine Antwort auf die Herausforderungen des Fachkräftemangels. Am 19. Februar 2024 wurde das Forschungsprojekt »KIBAPap« in Brüssel mit dem European Paper Recycling Award 2023 in der Kategorie »Innovative Technologien und F&E« ausgezeichnet.
Der European Paper Recycling Council (EPRC) honoriert mit der Auszeichnung zukunftsweisende Projekte, die dazu beitragen sollen, das anspruchsvolle Ziel der European Declaration on Paper Recycling zu erreichen. Diese strebt bis 2030 eine Altpapier-Recyclingquote von 76 % an. Bei der Verleihung betonte Andrea Orallo, Vorsitzender des EPRC (European Paper Recycling Council) die Bedeutung der Forschungsergebnisse für das Erreichen der Ziele der European Declaration on Paper Recycling: „Diese Projekte versuchen, die Grenzen dessen zu verschieben, was wir heute im Recycling als möglich erachten. Sowohl vom technischen Standpunkt aus, als auch vom Blickwinkel der breiteren sozio-ökonomischen Systeme, in denen Recycling-Akteure operieren.“
Stärkung der Nachhaltigkeit der Papierkreislaufwirtschaft
Allerdings bleibt der Papierherstellungsprozess ressourcenintensiv. So hat vor allem die schwankende Qualität des Altpapiers einen erheblichen Einfluss auf den Ressourcenverbrauch. Ziel des Projektes ist es daher, durch eine proaktive Anpassung der Produktionsparameter an die tatsächliche Qualität des Rohmaterials und die Digitalisierung des Recyclingkreislaufes sowohl den Wasser- als auch den Energieverbrauch erheblich zu reduzieren. Für den Projektpartner Leipa gehen die Prozessexperten zum Beispiel von einer Reduzierung des Energiebedarfs um bis zu 5 Prozent aus, was bei einer jährlichen Produktionsmenge von etwa 1 Million Tonnen etwa 108.000 MWh Energie entsprechen würde.
Optimierung der Papierherstellung durch Datenvernetzung
Das Novum der Technologielösung ist die unternehmensübergreifende Vernetzung und Nutzung von Prozessdaten der einzelnen Wertschöpfungsschritte, die es so bisher noch nicht gibt. Dadurch wird es möglich, die Kausalketten des Wertschöpfungskreislaufs der Papierherstellung ganzheitlich zu erfassen, prozessübergreifend zu beschreiben und daraus zielgerichtete Optimierungsansätze abzuleiten.
Bedarfsgerechte Unterstützung des Personals im Produktionsalltag
Die Daten aus den verschiedenen Produktionssystemen (z. B. Prozessleitsystem oder der Maschinensteuerung) laufen im Bedienerassistenzsystem zusammen und werden dort aufgabenorientiert gebündelt und präsentiert. Gleichzeitig ermöglicht das System eine digitale Speicherung des Produktionswissens.
Trainiert an »historischen« Daten erkennt das System, ob in der aktuellen Situation ein Eingreifen des Maschinenbedienenden erforderlich ist und generiert zur Situation passende Lösungsangebote, aus denen der Bediener auswählen kann. Das Bedienpersonal kann so Erfahrung und ein tieferes Prozessverständnis aufbauen, schneller und gezielter auf Störsituationen reagieren und diese nachhaltig beheben. Für das Unternehmen bedeutet dies, dass das Erfahrungswissen durch das Assistenzsystem im Mitarbeitendenkreis geteilt und auch dann im Unternehmen gehalten wird, wenn Mitarbeitende das Unternehmen verlassen.
Projektpartner
Consultingtalents AG, LEIPA Group GmbH, Hochschule München, ITA der RWTH Aachen, Lehrstuhl für International Production Engineering and Management, Institut für Produktionstechnik der Universität Siegen, PROPAKMA GmbH, Veolia Umweltservice GmbH.
BU: Verleihung des European Paper Recycling Awards am 19.02.2024 im Europäischen Parlament in Brüssel